Trockenmittel – Funktionsweise, Arten und Anwendungen
Interview mit Marco Nickel, Geschäftsführer der TROPACK Packmittel GmbH
Trockenmittel sind ein probates Mittel um Korrosionsschäden vorzubeugen. Wie funktionieren Trockenmittel, welche Arten von Trockenmitteln gibt es und sind sie umweltfreundlich?
Diese und weitere Fragen beantwortet Marco Nickel, Geschäftsführer der TROPACK Packmittel GmbH, im Interview.
Bei Lagerung und Transport von metallischen Gütern können klimatische Bedingungen Korrosionsschäden verursachen. Daher ist es zentral, die Produkte sicher vor Feuchtigkeit zu schützen. Ein probates Mittel dafür sind Trockenmittel, die sich flexibel und einfach einsetzen lassen und sich hervorragend dazu eignen, u.a. Metallteile und elektronische Komponenten vor Feuchtigkeit zu schützen.
So einfach und flexibel der Einsatz von Trockenmitteln im Verpackungsalltag ist, so viel Know-how steckt dahinter. Marco Nickel, Geschäftsführer der TROPACK Packmittel GmbH, gibt im Interview einen umfassenden Überblick über die Fragen:
- Wie funktionieren Trockenmittel?
- Welche Arten von Trockenmittel gibt es und wofür werden diese jeweils verwendet?
- Woher weiß ich, wieviel Trockenmittel eingesetzt werden muss?
- Sind Trockenmittel umweltfreundlich und wie entsorge ich sie?
- Welche neuen Herausforderungen gibt es bei Trockenmittelverpackungen, was sind die Trends (Stichwort z.B. ESD, Automatisierung)?
1.Wie funktionieren Trockenmittel?
Es gibt zwei Kategorien von Trockenmitteln, die grundsätzlich unterschiedlich funktionieren:
1) Physikalisch wirkende Trockenmittel adsorbieren* Feuchtigkeit, indem sie den Wasserdampf in ihren Poren aufnehmen. Diese physikalisch wirkenden Trockenmittel verändern sich im Adsorptionsprozess nicht in ihrer Form, d.h. sie bleiben fest, behalten ihre Größe bei (keine Veränderung des Volumens) und sind chemisch indifferent. Von außen kann man bei physikalisch wirkenden Trockenmitteln nicht erkennen, ob diese gesättigt oder noch aktiv sind (Ausnahme: Silicagele mit Indikatoren wie z.B. Orangegel oder Rubingel, die mit fortschreitender Adsorption ihre Farbe verändern). Durch die Adsorption von Luftfeuchtigkeit verändern diese Trockenmittel nur ihr Gewicht: je mehr Wasserdampf adsorbiert wird, desto schwerer werden die Trockenmittel.
2) Chemisch wirkende Trockenmittel absorbieren im Zuge einer chemischen Reaktion Feuchtigkeit und Kondenswasser. Diese Trockenmittel arbeiten meistens mit Calciumchlorid als zentralem Wirkstoff, welcher überwiegend im Bereich sehr hoher relativen Feuchten wirksam ist und auch Kondenswasser absorbiert*. Chemisch wirkende Trockenmittel verändern im Zuge der Absorption ihre Form. Häufig wird Granulat (im ungesättigten Zustand) nach erfolgter Absorption eine weiche / gelartige Maße, die ihr Volumen mehr als verdoppelt.
2. Welche Arten von Trockenmittel gibt es und wofür werden diese jeweils verwendet?
1) Physikalisch wirkende Trockenmittel können fast ausnahmslos in direkten Kontakt mit sensiblen Produkten (wie Lebensmittel, Medikamente) und Bauteilen (Elektronik, Optik) kommen. Physikalisch wirkende Trockenmittel werden in Primärverpackungen oder im laufenden Betrieb als Komponente von Maschinen und Systemen eingesetzt.
Innerhalb der Gruppe der physikalisch wirkenden Trockenmittel unterscheidet man folgende Trockenmittel:
- Tonerde: das „Standard-Trockenmittel“ für Trockenbeutel, das am häufigste abgefüllte Trockenmittel in Trockenbeutel, die der DIN 55473 entsprechen (vom kleinsten 1/6 Einheiten bis zum größten 32 Einheiten Trockenbeutel). Tonerde ist ein Naturprodukt, welches in Bentonit-Minen weltweit abgebaut wird.
- Silica Gel: durch die deutlich höhere Adsorptionskapazität als Tonerde das „Standard-Trockenmittel“ für sehr kleine Trockenbeutel (0,25g bis 5g Füllgewicht) oder Anwendungen mit sehr begrenztem Bauraum (höhere Adsorptionskapazität = platzsparend). In der Pharmazie, Diagnostik und Lebensmittel-Industrie häufig das präferierte Trockenmittel. Wird auch in DIN 55473 Trockenbeutel abgefüllt, hat dann aber die gleiche Adsorptionskapazität wie DIN 55473 Trockenbeutel, die mit Tonerde gefüllt sind. Silicagel ist ein amorphes Siliziumdioxid, welches chemisch durch das Ansäuern von Wasserglas hergestellt wird.
- Orangegel / Rubingel (Silica Gel mit Indikator): Silica Gele können mit einem Farbindikator zur optischen Kontrolle der Sättigung des Trockenmittels versetzt werden. Anhand der Verfärbung des Trockenmittels kann der Anwender erkennen, wann das Silica Gel gesättigt ist und ausgewechselt werden muss. Orangel und Rubingel sind für den Kontakt mit Lebensmittel geeignet. Diese Indikatorgele kommen u.a. in Anwendungen zum Einsatz, in denen wichtige Parameter zur Berechnung des Trockenmittelbedarfs unbekannt sind und man nicht genau weiß, wie viel Feuchtigkeit adsorbiert werden muss. Dank der Möglichkeit zur optischen Kontrolle sind Orangegel und Rubingel auch für Langzeitverpackungen prädestiniert.
- Molekularsieb: zeichnet sich durch besondere kinetische Eigenschaften aus und ist für schnelle Adsorption („Scharftrocknung“) sowie Anwendungen mit niedriger relativer Feuchte (< 40% RH, z.B. Kühlketten) geeignet. Beim Molekularsieb ist der Durchmesser der Pore, d.h. des „Kanals“, in welchem die Feuchtigkeit gebunden wird, präzise definiert. Der Porendurchmesser wird in Ångström beschrieben und ermöglicht neben der Feuchtigkeitsaufnahme auch die Adsorption andere Moleküle mit definiertem Moleküldurchmesser (z.B. Gas-Zersetzungsprodukte). Molekularsieb ist ein kristallines Aluminiumsilikat, welches chemisch durch das Verbinden von Aluminiumoxid mit Siliciumdioxid hergestellt wird.
2) Chemisch wirkende Trockenmittel, insb. Calciumchlorid (Salze), sind nicht als Primärpackmittel geeignet, da diese Produkte bei direktem Kontakt beschädigen können. Die Hauptanwendung der chemisch wirkenden Trockenmittel sind Container-Trockenbeutel, welche auf dem Seeweg außerhalb von Primärverpackungen (Holzkisten, Big Bags, geschlossene Kartonagen) platziert werden. Ziel dieser Beutel ist es, insb. das Kondenswasser, welches von der inneren Deckenunterseite von Seecontainern heruntertropft, zu absorbieren. Für die Anwendung im Seecontainer außerhalb der Primärverpackung sind die chemisch wirkenden Trockenmittel besonders gut geeignet, da sie besonders bei hohen relativen Feuchten effizient sind und auch Kondenswasser („Containerregen“) absorbieren. Die Absorptionskapazität kann bis zu 300% des eigenen Füllgewichts erreichen (bei sehr hohen relativen Feuchten über 80% RH).
3. Woher weiß ich, wieviel Trockenmittel eingesetzt werden muss?
Es gibt eine Deutsche Industrienorm – die DIN 55474 – in der eine Formel zur Berechnung der erforderlichen Anzahl an Trockenmittel definiert ist. Anhand dieser Formel können für Transporte und / oder Langzeiteinlagerungen die Menge an Trockenmitteln berechnet werden, um Produkte in Verpackungen ausreichend vor Feuchtigkeit zu schützen.
Die folgenden Parameter werden in dieser Formel berücksichtigt:
Mit dieser Formel kann u.a. unter Berücksichtigung der verwendeten Folien (PE, Aluverbund, ...), der klimatischen Bedingungen auf dem Versandweg und auch der relativen Feuchte, die während dem Verpackungsprozess herrscht, die exakt benötigte Menge an Trockenmittel ermittelt werden.
Wird ein Trockenmittel nicht nur als Verpackungsmaterial, sondern als Komponente im laufenden Betrieb von Bauteilen eingesetzt, kann die Formel aus der DIN 55474 zur Orientierung und groben Abschätzung für die benötigte Trockenmittelmenge im ersten Schritt herangezogen werden.
4. Sind Trockenmittel umweltfreundlich und wie entsorge ich sie?
Physikalisch wirkende Trockenmittel kann man als umweltfreundlich betrachten, da sie die natürliche Umwelt nicht übermäßig beeinträchtigen. Entsprechend können auch alle physikalisch wirkenden Trockenmittel im Hausmüll (private Endkunden) bzw. im normalen Gewerbemüll (Firmenkunden) entsorgt werden.
Tonerde – das am häufigsten verwendete Trockenmittel – wird sogar als Zugabe in der Kompostierung eingesetzt, um z.B. bei der Kompostierung bestimmter Bioabfälle Gerbsäuren zu adsorbieren und so zu verhindern, dass der Kompost versauert. Die gängigen Trockenbeutel in der staubdichten Ausführung „B“ bestehen in der Regel aus einem Vlies-Stoff mit Kunststoffbeschichtung als Siegelmedium auf der Innenseite (Bi-Komponente). Deshalb sind diese Trockenbeutel nicht 100% recyclingfähig.
Chemisch wirkende Trockenmittel, die als Container-Trockenbeutel außerhalb von Primärverpackungen für Transporte auf dem Seeweg verwendet werden, sind nicht umweltfreundlich. Als Abfall müssen chemisch wirkende Trockenmittel, die meistens Calciumchlorid enthalten, im Sondermüll entsorgt werden.
5. Welche neuen Herausforderungen gibt es bei Trockenmittelverpackungen, was sind die Trends?
Automatisierung: Unabhängig davon, ob Trockenbeutel als Bestandteil von Verpackungen oder als Bauteil (z.B. für Elektronik-Steuerungen) eingesetzt werden: Das vollautomatische Einbringen bzw. Platzieren von Trockenbeutel in Verpackungen oder Gehäusen rückt zunehmend in den Fokus, um Kosten manueller Arbeitsschritte zu vermeiden. Es gibt zahlreiche technische Möglichkeiten, Trockenbeutel wasserdampfgeschützt als Bulk-Ware in Silos zu bevorraten, von dort automatisiert zu vereinzeln und präzise Verpackungen zuzuführen, z.B. über Pick-and-Place Roboterarme oder über eine „Rutsche“.
Dabei ist es hilfreich, von Anfang an in der Planung von Verpackungslinien die Integration einer Trockenbeutel-Zuführung zu berücksichtigen. Bestehende Anlagen können natürlich auch um eine Trockenbeutel-Zuführung erweitert werden, allerdings ist man bei einer Nachrüstung i.d.R. weniger flexibel. Neben des effizienteren Verpackungsprozesses haben automatisierte Zuführungen einen weiteren positiven Nebeneffekt: durch das Bevorraten in wasserdampfdichten Silos können die Verpackungseinheiten von Trockenbeuteln deutlich größer gestaltet werden, wodurch Kosten gespart und Verpackungsabfall reduziert werden.
ESD: Im Bereich der Elektronik werden für die Verpackung elektronischer Bauelemente, die gegen elektrostatische Entladungen empfindlich sind (ESDS), spezielle Trockenbeutel verwendet. Diese sog. ESD-schützenden Trockenbeutel sind aus einem antistatisch beschichteten staubdichten Vlies-Hüllstoff hergestellt. Trockenbeutel aus diesem speziellen Vliesstoff sind elektrostatisch ableitfähig gem. DIN 61340-5-3, da der Oberflächenwiderstand dieser „ESD-protective“ Trockenbeutel im Bereich von > 1 x 141104Ω bis
< 1 x 1011Ω liegt. Die Kennzeichnung der ESD-schützenden Trockenbeutel beschreibt die Funktion der elektrostatischen Ableitfähigkeit mit dem entsprechenden Symbol:
Mehr als nur Feuchtigkeit: es gibt zunehmend anspruchsvolle Verpackungen, in denen die Feuchtigkeitsaufnahme durch Standard-Trockenbeutel nicht genügt, um Produkte ausreichend zu schützen. So sind mehr und mehr spezifische Eigenschaften unterschiedlicher Trockenmittel gefordert, besonders mit Blick auf die Adsorptionskinetik (Geschwindigkeit, mit der Feuchtigkeit aufgenommen wird) und das Adsorptionsverhalten bei unterschiedlichen Klimatischen Bedingungen (z.B. Kühlketten mit niedrigen relativen Feuchten). Auch wird es zunehmend wichtiger, neben reinem Wasserdampf andere Moleküle, wie z.B. Gase, die mit Feuchtigkeit reagieren können, zu adsorbieren. Hier gibt es Möglichkeiten, im Zuge einer chemischen Analyse Trockenmittel mit einem genau definierten Porendurchmesser zu wählen, die eine solche gezielte Adsorption bestimmter Moleküle ermöglichen.
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[* Anmerkung:Adsobieren bedeutet, dass Gase oder Flüssigkeiten an der Oberfläche eines Feststoffes gebunden werden. Beim Absorbieren wiederum werden diese Gase oder Flüssigkeiten im Inneren des Feststoffes gebunden.]
Marco Nickel
ist Geschäftsführer bei der TROPACK Packmittel GmbH, einem führenden Hersteller von Trockenmittelbeuteln made in Germany. Zunächst als Unternehmensberater und Projektmanager im Bankensektor tätig, ist er seit 2016 bei TROPACK und verfügt über fundiertes Wissen im Bereich Trockenmittel. Das Unternehmen aus Lahnau-Waldgirmes bietet als Partner der Industrie umfassende Beratungskompetenz und Erfahrung im Bereich Trockenmittel für Verpackungen, industrielle Anwendungen und Transporte.
TROPACK - darauf können Sie sich verlassen
TROPACK Produkte entsprechen höchsten Qualitätsanforderungen nach DIN 55473, Ausgabe 12/2015. Unsere Trockenmittel erfüllen die einschlägigen Bestimmungen der Europäischen Union (z.B. EG 1935/2004 ) und der US Food & Drug Administration FDA (z.B. 21 CFR part 175 bzw. part 177).
Der TROPACK Qualitätsanspruch wird mit regelmäßigen DIN 55473 und ISO 9001 Zertifizierungen bestätigt. Darauf können sich Industrie und Handel ebenso wie Verbraucher verlassen. TROPACK Trockenmittel sind lebensmittelverträglich, frei von Schadstoffen, geruchlos und regenerierbar. (Dimethylfumarat (DMF) findet ausdrücklich keine Verwendung!)
Für Ihre Fragen sind wir gerne da!
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